In Sachen Sportanlagen das Schlusslicht Heidelbergs
Dringlicher Appell des TSV Pfaffengrund / Hohe Ehrung für „Urgesteine“ des Sports
Pfaffengrund. Was laut Tagesordnung gängige Vereinsroutine erwarten ließ, entpuppte sich bei der jüngsten Jahreshauptversammlung des TSV 1949 Pfaffengrund e.V. (am 22. Oktober) im Pfaffengrunder Gesellschaftshaus in drei Punkten als Ausnahmeereignis: die Mitgliederehrung, der Rückblick nach der hoffentlich weiter beständigen Lockerung einschränkender Corona-Maßnahmen und der Ausblick des Vorsitzenden Günter Bitsch mit eingehenden, durchaus kritisch gefärbten und konkret benannten Bitten Richtung Stadt, deren Sportanlage im Pfaffengrund endlich instand zu setzen: „Unter allen Stadtteilen mit ihren teils Tipptopp-Anlagen bildet unserer bei diesem Thema inzwischen das traurige Schlusslicht“, fasste Bitsch seine Kritik zusammen.
Die RNZ nannte ihn vor fünf Jahren in ihrer Würdigung zum 90. Geburtstag „eine Trainerlegende“. Und das ist Emil Kühnle mit seinen fußballerischen Wurzeln als agiler Stürmer und erfolgreicher Fußballlehrer im Pfaffengrund fürwahr. Das „Urgestein“ des Vereins wie auch des Fußballs wurde bei dieser Jahreshauptversammlung für 85jährige Mitgliedschaft geehrt – zusammen mit vier 25jährigen, fünf 40jährigen, einem 50- und einem 60jährigen. Der nunmehr älteste TSVler, seit Jahrzehnten schon Ehrenmitglied, hat als Trainer u.a. auch in Sandhausen, Kirchheim, Bammental, Schwetzingen, Mannheim, Weinheim und Hoffenheim Fußballgeschichte in Stadt und Land geschrieben. Als er die SV Neckargerach an die Spitze der damals neuen Oberliga führte, löste Emil Kühnle mit seinem Team einen regelrechten Fußballboom im Odenwald aus.
Ausnahmecharakter und hat auch die Würdigung eines „Urgesteins –die Ehrenmitgliedschaft für Günter Bitsch, den langjährigen Vorsitzenden und Architekten des Mehrspartenvereins in seiner heutigen Form. 1964 als Turner und Leichtathlet in den Verein bzw. dessen Mit-Vorläufer, den Turnverein 1949 eingetreten, war er zunächst als Kassier im Vorstand verantwortlich und dann Mitglied der Gründungskommission, die den Zusammenschluss mit dem anderen „Quellfluss“, nämlich der ESV Rot/Weiss-Fußballabteilung organisierte. Nach einem zweijährigen Vorspiel als Zweiter Vorsitzender des so entstandenen TSV übernahm er 1982 die Führung als Erster Vorsitzender und entwickelte diesen in kontinuierlicher Erweiterung des Angebots zu diesem Mehrsparten-Verein.
Die Laudatorin, Schriftführerin Martina Gernold-Kunzler, hob in diesem Zusammenhang vor allem die sozialen Komponenten hervor, nämlich die Inklusion von geistig- und körperbehinderten Kindern und Jugendlichen durch entsprechende Angebote, das erfolgreiche Kooperationsprogramm „Schule/Kindergarten und Verein“ oder das Thema Sport mit Flüchtlingen. Dass man seinen Rat und seine Expertise weit auch über den Verein hinaus zu schätzen wisse, verdeutlichte die Laudatorin u.a. an seiner Mitgliedschaft im 2000 mitgegründeten kommunalen Arbeitskreis Turnen und Sport (KAKTuS) oder auch im Sportausschuss der Stadt Heidelberg.
Eher im Hintergrund, deshalb aber keineswegs minder wirksam, sondern äußerst segensreich für seinen Turn- und Sportverein und dort vor allem dessen Fußballer wirkt Klaus Fiederling, das zweite neue Ehrenmitglied im Bunde. „In seiner Rolle als wichtiger Akteur im Organisationsstab“, betonte Günter Bitsch, „ist er unersetzlich. Sie bedingt sowohl Organisationstalent und genaue Kenntnisse aller Regelwerke und Satzungen als auch hohes Ansehen und Respekt auf Verbandsebene, für deren Vertreter er ein wichtiger Ansprechpartner ist.“
Eine weitere Ehrung, die zwar schon stattgefunden hatte, aber zu der es noch zu gratulieren galt, betrifft ebenfalls den Fußball: Doris Seigerschmidt war auf Antrag von TSV und der PKG mit der Heidelberger Bürgerplakette 2020 ausgezeichnet worden. „Unsere allseits beliebte Kollegin“, so der Vorsitzende, „ist eine wichtige Impulsgeberin für die Fußballjugend – als Trainerin, Jugendleiterin und überhaupt Mädchen für alles in Sachen Jugendfußball.“
Die nächste Ausnahmeschlagzeile einer Jahreshauptversammlung zu Zeiten von Corona, während viele über Mitgliederschwund jammern: Die TSV-Mitgliederzahl hat sich sogar etwas erhöht. „Wir sind einigermaßen mit einem blauen Auge durch die Lockdowns gekommen, und der Sportbetrieb legt nun schon wieder gut zu“, subsummierte Günter Bitsch die Lage, die unter solchen Umständen natürlich keine umfangreichen Berichte über das Geschäftsjahr 2020 und sein fast komplettes Folgejahr 2021 bis hin zur nun wieder möglichen Veranstaltung einer Generalversammlung erlaubt. Das gilt für die Berichte der Vorstandsmitglieder ebenso wie für jene der Abteilungsleiter.
Soll und Haben dieser gegebenen Rückblicke zeigen – im Stenogramm serviert – zunächst auf der negativen Seite: Der Sportbetrieb in Hallen und auf Anlagen war komplett einzustellen. Das beliebte Spiel- und Sportfest im Zeichen der Inklusion musste als 2020er-Ausgabe also leider verschoben werden. Zugunsten des Kreisimpfzentrums waren der Jugendraum und die Geschäftsstelle vorübergehend, nämlich von Januar bis Ende August, als Tribut an den höheren gesellschaftlichen Nutzen abzutreten.
Dagegen kommt aber auch recht Positives in die dagegengesetzte Waagschale: Online-Trainingsangebote, etwa „Wir bleiben fit“ der Turnabteilung mit Yoga und Kinderturnen oder auch ein entsprechendes Format der Kampfsportler fanden guten Anklang. Das Wichtigste jedoch: Die Mitglieder hielten dem TSV die Treue.
Seinen Appell an die Stadt, ihre Sportanlage zwischen Gesellschaftshaus, Rentnerweg und Vereinsgaststätte nach wiederholten Anfragen des Vereins nun endlich instand zu setzen, untermauerte Bitsch mit ausführlichen Beschreibungen der vom Zahn der Zeit besorgten Schäden. Besonders hob er dabei die schadhafte Einfriedung, den von nächtlichen Eindringlingen durch einen Brand komplett zerstörten Kunststoffplatz, die sanierungsbedürftige Aschenbahn und die reparaturbedürftige Beregnungsanlage hervor: „Selbst bei angespannter Finanzlage sollte man den Bürgern auch des Pfaffengrunds wie jenen anderer Heidelberger Stadtteile Sport ohne vermeidbare Unfallgefahren ermöglichen können – oder zumindest damit beginnen“.